Minimalistische Erstaustattung fürs Baby

Was Babys wirklich brauchen, wenn sie geboren werden
Babys brauchen nicht viel, wenn sie auf die Welt kommen [9]

Viele Eltern fühlen sich verunsichert, wenn sie sich gegen Mitte oder Ende der Schwangerschaft damit beschäftigen, was man so für das Baby braucht. Eigentlich braucht ein Baby nicht viel, wenn es auf die Welt kommt. Wärme, Geborgenheit, Hautkontakt, Nahrung, um das Wichtigste zu nennen. Und zwar sehr viel davon. Und das gerne rund um die Uhr.

Es gibt einige, wenige Dinge, die ich empfehlen kann, damit die ersten Wochen möglichst entspannt und stressfrei verlaufen.

 

Was braucht man für die erste Zeit nach der Geburt?

  • Ein Tragetuch oder eine Tragehilfe. Bei der Tragehilfe sollte man beachten, dass diese auch ab Neugeborenen-Alter verwendet werden kann und ergonomisch ist (d.h. das Baby sitzt in Anhockspreizhaltung und ist dem Träger zugewendet und schaut NICHT nach vorne). Tragen ist für Babys essentiell. Gerade in der ersten Zeit nach der Geburt brauchen Neugeborene Körperkontakt, wenn möglich Haut-auf-Haut-Kontakt. Die Wöchnerin sollte natürlich am Besten im Bett bleiben und sich erholen (und mit dem Baby kuscheln). Der Partner kann durchs Tragen mit dem Baby bonden, dem Kind Geborgenheit schenken und sich gleichzeitig um die Wöchnerin kümmern (zum Beispiel Essen kochen). Tragen hilft beim Ankommen in der Welt außerhalb der Gebärmutter, hilft bei Bauchweh (sowohl durch die Haltung als auch durch die Wärme, die der Träger abstrahlt und natürlich durch die Geborgenheit – das Baby fühlt sich nicht alleine) und hilft bei der Hüftreifung.
    Wer sich bei all dem bunten Angebot an Tragehilfen und -tüchern überfordert fühlt, geht am Besten in einen Trageladen oder wendet sich an eine Trageberaterin vor Ort. 
    Hier geht es zum Blogartikel "21 Gründe, warum du dein Baby tragen solltest".
  • Kumja, Tragecover oder Tragekleidung. Je nach Wetterlage kann es notwendig sein, noch eine Jacke oder einen Mantel über dem Tuch/ der Tragehilfe zu tragen. Auch wenn man erstmal das Bett hüten sollte – irgendwann möchte (oder muss) man das Haus verlassen. Es gibt Tragekleidung, die ist praktisch (aber leider oft teuer). Kostengünstiger sind Jackenerweiterungen, mit denen man eigentlich jede Jacke in eine Tragejacke umwandeln kann (Kumja). Äußerst praktisch sind auch sogenannte Cover, die man über das Baby ziehen kann - dafür braucht man noch nicht einmal Adapter. Man kann mehrere Tragecover übereinander schichten, wenn es mal richtig kalt ist. Mein persönliches Lieblingscover: Das wasser- und winddichte Tragecover von MaM (Rechtlicher HinweisMeine Empfehlung basiert auf persönlicher Erfahrung. Ich erhalte keinerlei Vorzüge oder finanzielle Gegenleistung durch meine Empfehlung.).
  • Windeln. Schön ist, wenn man Stoffwindeln hat, aber gerade beim ersten Kind fangen viele mit Wegwerfwindeln an. Haben wir auch so gemacht. Dann kann man sehen, was das Kind wiegt, welche Schnitte am ehesten passen und hat erst mal mit dem Waschen keine Arbeit. Man kann mit ca. 8-10 Windeln pro Tag rechnen. Je öfter man wickelt, desto besser für die Babyhaut. Einfach zwei Packungen in Neugeborenengröße kaufen. Gerne ökologische Wegwerfwindeln, da ist weniger Chemie drin und die Babyhaut freut sich. Wer doch gleich mit Stoffwindeln anfangen möchte, kann sich beispielsweise von einer Stoffwindelberaterin helfen lassen. Für den Anfang kann man auch Mullwindeln in Kombination mit Höschenwindeln nehmen, bis man etwas größeres braucht. Das schöne an den Mullwindeln ist, dass sie - so lange sie nicht im Trockner landen - ein langes Leben als Spucktücher, Küchenhandtücher, Spieltücher, Küchenhelfer usw führen können.
  • Waschlappen (Baumwolle, Hanf etc) oder Handtücher. Feuchttücher sind praktisch für unterwegs, zu Hause braucht man sie nicht. Das beste für den Babypopo ist Wasser. In Norwegen wird mittlerweile empfohlen die Kinder direkt unterm Wasserhahn (lauwarme Temperatur) zu waschen. Danach vorsichtig trocken tupfen (nicht rubbeln! Babyhaut reagiert sehr empfindlich auf Reibung). Waschlappen bzw. Handtücher kann man also verwenden, um den Po trocken zu tupfen.
    Cave: Babyhaut reagiert ab 40 Grad mit Verbrennung.
  • Wickelplatz am Boden: Ein oder mehrere dicke Handtücher und eine waschbare Wickelunterlage sind hervorragend für den Anfang geeignet. Vorteil: Das Baby kann nicht runterfallen. Und die vielen Squads am Tag fördern die Rückbildung! Von den waschbaren Wickelunterlagen kann man gut 4 Stück brauchen. Falls der Boden zu kalt sein sollte, kann man zu unterst eine Rettungsdecke legen.
  • Kleidung: Hast du die Möglichkeit zu leihen, dann ist das natürlich das Beste. Solltest du Kleidung kaufen müssen, empfehle ich Wolle oder Wolle/ Seide (je nach Temperaturlage). Wolle und Seide sind Naturmaterialen, äußerst atmungsaktiv, temperaturregulierend und selbstreinigend. Mit drei Wolle-Seide-Bodies und zwei Wolle-Seide-Hosen kommt man gut aus. Ich empfehle Umschlagbodies, das sind solche, die man über die Brust zuknöpft. Dann muss das Baby nicht mit dem Kopf durchschlüpfen, denn das macht gerade Neugeborenen oft Angst. Wichtig: Gutes Wollwaschmittel (flüssig, am besten ohne Parfüm und Zusatzstoffe) verwenden und entweder per Hand waschen oder in der Waschmaschine im Wollprogramm. Dann braucht man noch eine Wolle-/ Wolle-Seide-Mütze (für draußen) und Wolle-/ Wolle-Seide-Söckchen (ein bis zwei Paar). Es gibt übrigens auch einen großen Gebrauchtmarkt für Babykleidung und gerade Wollkleidung ist langlebig.
    Je nachdem wie schwer das Kind kurz vor der Geburt geschätzt ist, kann man einfach mit der Neugeborenengröße oder sogar schon einer 62 anfangen (dann muss man eben bisschen die Ärmelchen hochkrempeln). Gerade wenn man Stoffwindeln benutzen möchte, sollte man beachten, das die Kinder mit Stoffwindelpopo eine Größe größer brauchen.
  • Sollte dein Baby im Winter geboren werden, braucht man noch extra Tragestiefelchen. Denn auch unter eine Jacke können die Beine frieren. Und einen Wetterschutzbalsam.
  • Sollte dein Baby im Sommer geboren werden, braucht man einen Sonnenhut (auf UV-Schutz achten) und eventuell einen Schirm, den man als Sonnenschirm verwenden kann.
  • Babyschale fürs Auto falls man plant ein Auto zu benutzen
  • Babywanne oder Babybadeeimer falls das Waschbecken zu klein ist, um das Baby darin zu baden. Zusätzlich sollte man die Möglichkeit haben, das Zimmer, in dem das Baby gebadet wird aufzuwärmen. Meist reicht ein kleiner Heizlüfter. Bitte auch hier Vorsicht: Das Zimmer am Besten vorwärmen, den Heizlüfter NIE direkt aufs Baby richten, um Verbrennungen zu vermeiden.
  • Eigene Decke fürs Baby – gerne eine Wolldecke. Sollte das Baby bei den Eltern im Bett schlafen (was empfehlenswert ist, sofern nicht Ausschlusskriterien dagegen sprechen), ist eine eigene Decke empfohlen.
  • Kokos- oder Mandelöl. Unraffiniert und ökologisch. Um die Haut nach dem Baden einzuölen, gegen wunde Haut am Po und für Babymassage. Kokosöl wirkt gut gegen Pilze und kann auch bei Milchschorf oder Kopfgneis verwendet werden.
  • Eine Packung Lanolin für Mamas Brustwarzen.
  • Alkoholfreies Weißbier oder unalkoholisches Malzbier für die Mama. Fördert die Milchproduktion, sollte aber nur direkt an den ersten beiden Tagen nach der Geburt getrunken werden da der Milcheinschuss sonst zu heftig ausfällt. Mindestens genauso gut sind selbst gemachte Stillkugeln.
  • Sitzbad von der Bahnhofsapotheke, um die Wundheilung nach einer vaginalen Geburt zu fördern.
  • Binden aus Baumwolle für die Blutung. Bitte ohne Plastik, damit die Wundheilung gut funktioniert.
  • Still-BH. Den kann man auch schon gut am Ende der Schwangerschaft kaufen. Am Besten in ein echtes Wäschegeschäft gehen und sich von einer kompetenten Verkäuferin beraten lassen.
  • Stilleinlagen. Ich bin kein Fan von Wolle-Seide-Einlagen, da man die nicht auskochen kann. Für optimale Hygiene sollte man die Einlagen auf 60 Grad waschen können (ideal sind Einlagen aus Baumwolle oder Bambus).
  • Ein neutrales Deo. Je unkaschierter Mama riecht, desto besser fürs Baby. Das schnellste, günstigste und einfachste Deo ist Kokosfett mit Natron zu mischen.
  • Ein Baby-Buch. Ich empfehle „Artgerecht - das andere Baby-Buch“ von Nicola Schmidt (Rechtlicher Hinweis: Meine Empfehlung basiert auf persönlicher Erfahrung. Ich erhalte keinerlei Vorzüge oder finanzielle Gegenleistung durch meine Empfehlung.)
  • Liebe, Verständnis, Geduld, Ruhe. Gerade die erste Zeit nach der Geburt braucht man nur einige wenige Dinge. Ein Bett zum Kuscheln. Gesundes und nahrhaftes Essen. Schlaf. Erholung. Und Zeit, um sich kennen zu lernen. Neugeborene hatten bereits ein Leben vor der Geburt im Mutterleib, das sich drastisch von dem Leben außerhalb der Gebärmutter unterscheidet. Hier geht es zum Blogartikel "Mein Neugeborenes verstehen - woher kommst du, kleiner Mensch?".

Warum so minimalistisch?

Ich empfehle eine minimalistische Erstausstattung aus mehreren Gründen:

  • Man weiß am Anfang einfach nicht, was man braucht. Jedes Kind hat individuelle Vorlieben – so wie die Eltern eben auch. Einen Kinderwagen beispielsweise, den die beste Freundin total praktisch fand, kann für einen selbst völlig unbrauchbar sein, z.B. weil das Baby einfach darauf besteht getragen zu werden. In der Regel sind die Dinge schnell gekauft so dass man sich erst einmal Zeit lassen kann, um zu sehen, was denn für alle Familienmitglieder passt: Kaufen nach Bedarf.
  • Meistens gibt es ja auch schon Kinder im Freundes- und Bekanntenkreis und sehr oft kann man auch einfach Dinge ausleihen, um sie einfach mal auszuprobieren.
  • Die allermeisten Dinge, die auf einer gewöhnlichen Erstausstattungsliste stehen, braucht man erst einmal nicht. Hinter jedem Kind "lauert" eine ganze Industrie mit Produkten, die verkauft werden möchten (und die oft unnötig sind). Und leider handelt es sich dabei sehr oft um Einwegprodukte. Fängt man mit weniger an und kauft nur nach Bedarf wird man definitiv weniger kaufen. Das spart Geld und Müll.
  • Einige Produkte distanzieren uns von unseren Kindern und schaffen weitere Konsumbedürfnisse. Dazu gehören - je nach persönlicher Situation - beispielsweise ein Babybett und ein eigenes Babyzimmer.
  • Wenn du mit der Zeit feststellen solltest, dass du einen Kinderwagen oder ein Babybettchen brauchst oder gerne haben möchtest – sehr gut! Dann weißt du wenigstens, dass du es wirklich brauchst. Und du hast eine bewusste Entscheidung getroffen.

Worum es mir nicht geht

Ich möchte weder gegen Kinderwägen noch gegen Babybettchen wettern. Jeder soll genau das verwenden, was ihm persönlich liegt. Leider habe ich oft bei meinen Nachsorge-Besuchen die Erfahrung gemacht, dass viele von einem "MUSS" ausgegangen sind. Ich MUSS einen Kinderwagen verwenden, mein Baby MUSS im eigenen Bett schlafen usw.  Gegen all diese Erfindungen ist nichts einzuwenden, solange wir uns bewusst sind, dass es sich dabei um Möglichkeiten handelt, also um ein "KANN".

 

Worum es mir geht

Mir ist es ein persönliches Anliegen, von den wenig hinterfragten Konsumbedürfnissen Abstand zu nehmen. Viele werdende Eltern müssen sich sehr genau überlegen wofür sie ihr Geld ausgeben. Da ist es umso wichtiger, die Liste mit Dingen, die man angeblich so braucht, zu reduzieren.

Ich möchte Eltern darin unterstützen sich immer wieder aufs Neue die Frage zu stellen: Was brauchen WIR? Wir als Eltern, jetzt, genau in dieser Situation?  Denn genau dann wird man auf Lösungen kommen, die passen und funktionieren. Und das ist schließlich das wichtigste. Dass wir uns als Eltern das Leben so entspannt wie möglich gestalten.

 

Ich wünsche Euch eine zauberhafte und von Oxytocin getränkte Wochenbettzeit!


Meine hebammenspezische Tätigkeit findest du hier www.hypnohebamme.de.

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[9] Bildnachweis: Photo by Jenna Norman on Unsplash