Themen im Familiensystem - Vererbung von Traumata

Traumata sind erblich und bereiten oft noch nach mehreren Generationen Probleme
Traumatische Erinnerungen können vererbt werden [1]

Oft boykottieren wir uns selbst im Leben und finden nicht wirklich eine Erklärung dafür. Die Antwort liegt oft im Familiensystem, denn Glaubenssätze, Erinnerungen und Traumata können vererbt und somit weitergegeben werden.

Kultur des Individualismus versus Kollektiv

In unserer Kultur herrscht ein Menschenbild, das geprägt ist von Individualismus und persönlicher Freiheit. Die Arbeit im Umgang mit Menschen zeigt aber regelmäßig, dass wir deutlich mehr von dem Kollektiv, von dem wir abstammen (Familie, Ahnen) beeinflusst werden, als uns lieb ist. Versuchen wir subtilen Glaubenssätze, diffusen Ängste und anderen Belastungen auf den Grund zu gehen, stoßen wir fast immer auf eine Verbindung zum eigenen Familiensystem.

 

 

Vererbung von Traumata und Erinnerungen

Wir wissen heute, dass Traumata vererbt werden können – und sogar einzelne Erinnerungen (http://www.nature.com/neuro/journal/v17/n1/full/nn.3594.html, https://www.journal-fuer-psychologie.de/index.php/jfp/article/view/268/310). Das bedeutet, dass schwere, traumatisierende Erlebnisse wie z.B. Krieg, Folter, Gewalt, schwere Krisen u.a. nicht nur nachhaltig den Menschen, der diese selbst erlebt hat, prägen, sondern auch dessen Nachfahren. Diese wiederum sind infolgedessen viele Jahre oder gar Jahrzehnte später mit Ängsten, Schuldgefühlen, Stressreaktionen oder gar Erinnerungen konfrontiert, ohne diese wirklich zuordnen zu können. Die Lösung liegt oft AUCH im familiären System. Wir tragen Themen mit für andere. Aus Liebe. Und weil wir Menschen auch als Kollektiv fungieren. Das Kollektiv wird vom Unterbewusstsein getragen und gehört damit zur seelischen Ebene.

 

Sekundäre Traumatisierung und Übertragung

Das Zusammenleben mit traumatisierten Menschen kann selbst zur Traumatisierung führen kann (Sekundäre Traumatisierung). Des weiteren können natürlich besonders empathische Menschen sehr viel wahrnehmen und – leider auch – übernehmen. Das Phänomen der Übernahme (auch: Übertragung) betrifft natürlich alle Menschen, die miteinander in Verbindung stehen und bezieht sich nicht nur auf die Herkunftsfamilie. In der Familie aber werden ungelöste Themen und Traumata weitergegeben, da alle das familiäre System tragen müssen und wollen - unabhängig vom Ausmaß ihrer Empathie. Das System der Familie basiert auf dem Wunsch nach „Ausgleichung“ - wird etwas von einer Person "abgespalten" (z.B. verdrängt), so taucht es an anderer Stelle wieder auf.

 

Ein Beispiel:

 

Großmutter X hatte eine große Liebe (Y), die im Krieg gefallen ist. Obwohl sie nach dem Krieg geheiratet hat und Kinder mit ihrem Ehemann zeugte, war sie tief in ihrem Herzen immer mit Y, dem Soldaten, der gefallen ist, verbunden. Infolgedessen konnte sie ihre wahre Liebe im späteren Leben nicht ausleben. So kann z.B. die Enkelin, um die Großmutter und ihre unglückliche Liebe im Familiensystem zu ehren, von einer unglücklichen Beziehung zur nächsten wechseln. So als ob sie zeigen wolle: „Sieh her Großmutter, lass mich eine unglückliche Liebe leben, ich nehme es dir ab.“ Das funktioniert natürlich nicht. Erstens wird es der Großmutter, die ja älter ist als die Enkelin, nicht gerecht. Die Großmutter hat ihre eigenen Themen und ihr ein Thema abzunehmen, käme einer seelischen Entmündigung gleich. Und zweitens hat die Enkelin ihr eigenes Leben zu leben, mit ihren eigenen Themen. Die Lösung liegt im Respekt für das Leben eines jeden Einzelnen und natürlich in der Autonomie: Lebe dein eigenes Leben!

 

In der Regel bedarf es einer Aufarbeitung, damit die Enkelin das Thema loslassen kann.

Das familiäre System können wir gut mit einer schamanischen Reise oder einer Familienaufstellung erreichen.

 

Was wir selbst tun können, um herauszufinden, ob wir ein Thema im Familiensystem tragen, das uns belastet

  • Was genau ist das Thema, das dich belastet?
  • Wann hat sich das Thema gezeigt? Was waren die Begleitumstände? Was waren die Konsequenzen? Welche Gefühle entstanden in dir?
  • Findet sich eine gewisse Regelmäßigkeit im Auftreten des Themas? Worin genau besteht die Regelmäßigkeit?
  • Intuition: Fühle genau hin – trägst du etwas für jemand anderen? Du musst die Frage nur mit ja/nein beantworten können. Für wen genau du etwas trägst, zeigt sich meist, wenn das Thema aufgearbeitet wird.
  • Ins Handeln gehen: Nimm Kontakt zu jemandem auf, der dich in der Aufarbeitung gut begleiten kann.

[1] Bildnachweis: Photo by Cheryl Winn-Boujnida on Unsplash