Was können wir tun, um uns selbst ein guter „Geburtshelfer“ zu sein?

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© Amelie Sofie Eck

Erst gestern sprach ich mit einer Frau, die mit ihrer Selbstständigkeit als Yogalehrerin gerade „schwanger“ geht. Für sie selbst und die Menschen, die ihr nahe stehen, ist dieser Schritt schon lange fühlbar. Sie erfährt von ihrem Umfeld Unterstützung. Die Zeit ist reif. Was noch fehlt ist die Umsetzung.

Sie wartet bereits seit längerem auf eine Gelegenheit mit jemandem gemeinsam die ersten Schritte tun zu können, z.B: sich die Leitung für einen Workshop zu teilen. Das würde vieles vereinfachen: Verantwortung, Organisation, Kosten etc. Die Gelegenheit jedoch bleibt aus, der Schritt wird weiter hinausgezögert.

Für diese Frau ist die Möglichkeit Yoga zu unterrichten eine jahrelanger Traum. Es ist ein großer Bestandteil ihres Lebens, ihrer Persönlichkeit. Es handelt sich hierbei also um einen großen Schritt in Richtung Selbstverwirklichung. Wenn wir uns selbst verwirklichen, so holen wir einen Teil von uns, der schon lange in der Tiefe unseres Ichs schlummerte, in die Wirklichkeit – ins Leben. Es handelt sich insofern um die Geburt eines Persönlichkeitspotentials. Nur sind wir diesmal Gebärende und Fötus gleichermaßen.

Es gibt normalerweise keine menschlichen Geburten, bei denen die Kinder gleichzeitig zur Welt kommen. Selbst Zwillinge müssen sich nacheinander durch den Geburtskanal (oder die Bauchdecke, wenn es ein Kaiserschnitt ist) schieben: Geboren werden immer nur alleine.
Geburtsprozesse, bei denen wir einen Teil unseres wahren Persönlichkeit ins Leben verhelfen, müssen wir also auch alleine gehen. Wir können uns von außen Unterstützung suchen – aber abnehmen kann uns den Prozess niemand.

Im Übrigen ist „geboren werden“ ein durchaus aktiver Prozess, sowohl für jene, die an der Entwicklung ihrer Persönlichkeit arbeiten als auch für ein Ungeborenes, das sich aus dem Bauch der Mutter schält. Geburt ist ein Zusammenspiel von Gebärende und zu Gebärendem. Wenn beide ihren Teil beitragen, sprechen wir von einer „natürlichen“ Geburt.

Solche „Schwellenerlebnisse“ sind unbequem, sie machen uns oft Angst und wir brauchen Zeit, um den endgültigen Schritt zu wagen. Geburt folgt immer auf eine Reifezeit – auf eine Schwangerschaft. Das Reifen erfordert in vielen Fällen auch unsere Geduld, eine Tugend, die nicht allen leicht fällt. Manchmal aber ist die Zeit durchaus reif, wir aber boykottieren uns selbst und „übertragen“ - wir schieben den Geburtstermin hinaus.

Was können wir tun, um uns selbst ein guter „Geburtshelfer“ zu sein?

Wir sollten uns darüber klar werden, womit wir schwanger gehen. Was gebären wir? Eine Yogalehrerin? Eine Weltreise? Eine Trennung? Das kann Zeit brauchen. Oft ist es nur eine Ahnung, die wir in uns tragen, wie ein Same, der seine Keimblätter gen Licht streckt. Gib diesem Samen so viel Zeit, bis du klar erkennen kannst, was da heranwächst. Keimlinge kann man gießen und vielleicht düngen, aber auch das nur im richtigen Maße. „Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht“, sagt ein afrikanisches Sprichwort. Geduld und Achtsamkeit sind gefragt...

Pflege: Wenn man seinen Keimling schon kennt, dann ist die richtige „Pflege“ eine gute Unterstützung. Was diese Pflege beinhaltet, weißt du selbst am Besten, sicherlich ist Zeit aber eine wichtige Zutat. Nimm dir Zeit, um dich mit dem, was du in dir trägst, zu beschäftigen. Je nachdem, um was es sich handelt, kann es nützlich sein, sich z.B. einmal in der Woche selbst einen Termin zu geben, um nachzudenken, aufzuschreiben, vielleicht zu recherchieren, mit einem Freund darüber zu reden, oder einfach nur zu fühlen. Je größer der „Geburtsschritt“ ist, der in Zukunft ansteht, desto mehr Ebenen möchten in die Pflege miteinbezogen werden: Gefühl melden sich, der Verstand möchte mit dir alles "durchdiskutieren", vielleicht wollen auch die Finanzen überprüft und in Ordnung gebracht werden, eventuell steht eine Körperarbeit an oder ähnliches. Zeit und Mitgefühl mit dir selbst sind erprobte Grundzutaten einer gesunden Selbstpflege!

Geburtshelfer im Außen: Normalerweise ist es hilfreich, wenn man sich im Außen Unterstützung sucht. Ob das nun dein Partner, ein Freund/ in, ein Coach oder vielleicht sogar ein ganzes Team an Helfern ist, kommt natürlich auf dich und deinen Keimling an. In einigen Fällen empfiehlt sich auch eine regelmäßige „Schwangerschaftskontrolluntersuchung“. Sprich mit den Menschen, die dich auf deinem Werde-Prozess begleiten ab, inwieweit sich dich unterstützen können, ob sie dich z.B. in regelmäßigen Abständen fragen sollen, wie es um deinen Reifeprozess steht, ob sich dich eventuell motivieren sollen und können. Wenn du dir eine professionelle Begleitung durch mich wünscht, nimm mit mir Kontakt auf, damit wir besprechen können, was für dich geeignet ist und passt.

Motivation: Schreibe dir auf, was du gebären wirst. Und warum! Jedes mal, wenn der Mut in den Keller sinkt, ruf dir in Erinnerung, was das Endziel ist und warum du dich für dieses Ziel entschieden hast. Du bist es wert und hast es verdient, deinen Weg zu gehen. Angst und Zweifel gehören dazu! Sie sind sozusagen die Geburtswehen. Schmerzhaft, aber sie sind ein Teil der Geburt selbst!

Zeitpunkt: Wann nun der richtige Zeitpunkt gekommen ist, weißt du selbst. Vertraue auf deine Intuition. Oft meldet sich gleichzeitig die Angst und der Verstand sammelt Argumente dafür, den Geburtstermin nach hinten zu verschieben. Aber deine Intuition weiß, wann es an der Zeit ist. Angst ist kein Argument, sondern ein Gefühl. Nimm deine Angst wahr. Wenn möglich, rede mit ihr, danke ihr dafür, dass sie dich warnen und beschützen wollte und mach dich auf den Weg. Bleib bei dir. Geh in deinem Tempo. Bleib im Vertrauen. Und freue dich auf dich selbst!

Nach der Geburt: Der Teil, dem du ins Leben verholfen hast, ist zwar ein Teil von dir selbst, aber auch dieser Teil braucht Zeit, um anzukommen. Dieser Teil möchte integriert werden. Ihr müsst euch vielleicht kennenlernen. Nehmt euch die Zeit!
Was braucht deiner Meinung nach ein Neugeborenes? Genau. Gib dir selbst, was du jedem Neugeborenem wünscht.

Laufen lernen: Wir Menschen müssen uns an Neues gewöhnen – das gilt auch für Persönlichkeitspotentiale. Geduld, Übung, Neugier, Mut und Freude sind wertvolle Helfer, wenn wir uns selbst das Laufen lernen. Die Geburt ist vollbracht und etwas völlig neues hat begonnen...!

Selbstverständlich ist diese Auflistung stark vereinfacht, beschreibt aber doch die grundlegenden Schritte, wenn wir vor großen Veränderungen stehen.

Um im konkreten Fall zu sehen, was zu welchem Zeitpunkt richtig ist, ist eine persönliche Beratung nötig. Ich begleite dich gerne auf deinem Weg!